Spielsucht-Prozess um gestohlene 1,4 Millionen Euro in Berlin

Posted on: 13/03/2018, 10:03h. 

Last updated on: 13/03/2018, 11:42h.

In Berlin wird aktuell der Fall einer spielsüchtigen Buchhalterin verhandelt. Die Frau gestand, zwischen 2012 und 2017 fast 1,4 Millionen Euro veruntreut haben. Mit dem gestohlenen Geld finanzierte sie ihre Eins?tze in Online Casinos.

Amtsgericht Tiergarten in Berlin
In Berlin wird der Spielsucht-Fall einer Buchhalterin verhandelt. (Bild: bz-berlin.de)

Angeklagte gesteht Spielsucht

Bei der Angeklagten handelt es sich um die 45-j?hrige Jeannette N. Sie arbeitete als Finanzbuchhalterin in Berlin und stammt aus dem Landkreis Barnim in Brandenburg. In einem Zeitraum von fünf Jahren soll sie ihre Kunden und Arbeitgeber um knapp 1,4 Millionen Euro betrogen haben. Das Geld nutzte sie zur Finanzierung ihrer Spielsucht. Das zust?ndige Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhandelt seit dieser Woche ihren Fall. Der Vorwurf lautet auf gewerbsm??ige Untreue und Betrug mit besonderer Schwere. Ein Urteil wird für den 23. M?rz erwartet.

Bereits am ersten Verhandlungstag gestand die Angeklagte alle Vorwürfe, die gegen sie erhoben wurden, und beteuerte ihre Reue. Auch ihre Spielsucht best?tigte sie. Seit September 2017 sitzt sie bereits in Untersuchungshaft, bevor diesen Montag schlie?lich ihr Prozess begann.

Fast t?glich Gelder des Arbeitgebers veruntreut

Der Gesamtbetrag, den sich die Angeklagte seit August 2012 illegaleweise beschafft hat, bel?uft sich auf 1.385.103,41 Euro. Das Geld erwirtschaftete sie durch gef?lschte Rechnungen an ihre Arbeitgeber und unautorisierte überweisungen. Zu den Gesch?digten geh?ren unter anderem eine Anwaltskanzlei und eine Firma für Sicherheitstechnik. Für beide arbeitete Jeannette N. als Finanzbuchhalterin.

Die Staatsanwaltschaft legte 396 F?lle vor, in denen Jeanette N. über gef?lschte Rechnungen Geld veruntreut haben soll. Im Prozess erkl?rte sie, fast t?glich Geld ihrer Kunden unrechtm??ig auf ihr eigenes Konto überwiesen zu haben. Allein bei ihrem früheren Arbeitgeber, der Kanzlei, soll es sich um 822.000 Euro handeln. Die hohen Verluste für den Betrieb sollen diesen sogar in den Ruin getrieben haben.

Mit Roulette im Online Casino zu Spielschulden in Millionenh?he

Jeanette N. erkl?rte im Prozess, seit 2010 an Spielsucht zu leiden. Nachdem sie über zwei Jahre hinweg ihr eigenes Geld und einen Kredit aufgebraucht habe, sei sie 2012 dazu übergegangen, private überweisungen vom Firmenkonto ihrer Arbeitgeber zu t?tigen. Gespielt haben will sie jahrelang unbemerkt, nachts und ohne dass ihr Partner oder ihre Angeh?rigen Verdacht gesch?pft h?tten. Im Prozess sagte sie:

?Für mich war das wie vor dem Fernseher zu sitzen. Nur so konnte ich abschalten. Kleine Eins?tze befriedigten mich bald nicht mehr. Verspieltes Geld musste ich unbedingt zurückgewinnen. […] Einmal machte ich aus 100 Euro in nur einer Stunde 20.000 Euro. Und verspielte sie gleich wieder.“

Infolge ihrer Spielsucht habe sie au?erdem Entzugserscheinungen entwickelt, darunter Unruhe, Schlafst?rungen, Hautausschlag, Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen. Wirklich ausgeglichen sei sie nur am virtuellen Roulettetisch gewesen, schilderte sie im Prozess:

?In der virtuellen Welt konnte ich die reale Welt ausblenden. Das Casino war wie ein Partner, oft sa? ich sechs Stunden am Roulette. An Aufh?ren war nicht zu denken.“

Von den veruntreuten 1,4 Millionen hat Jeanette N. bisher 17.000 Euro an ihre Gl?ubiger zurückgezahlt. Das im Betrugszeitraum gekaufte gemeinsame Haus überschrieb sie vor dem Prozess ihrem Partner. Ein Grundstück bei Berlin verschwieg sie den Beh?rden.

Sonderaktionen der Anbieter halten Spieler bei Laune

Ein gro?es Problem bei ihrem Spiel sei auch das Verhalten des Anbieters gewesen, so die Buchhalterin. So soll das Online Casino sie mit Bonusgeld und anderen Extras gek?dert und zum Weiterspielen animiert haben. Per Telefon sei sie kontaktiert und mit zus?tzlichem Guthaben ausgestattet worden sein.

Bei diesem Vorgehen handelt es sich um eine sogenannte VIP Behandlung. Viele Anbieter haben eine extra Abteilung für Spieler, die besonders viele und besonders hohe Eins?tze platzieren. Ab einem bestimmten Umsatz werden diese ins VIP-Programm aufgenommen und erhalten von einem pers?nlichen Berater Aktionsangebote und Gratisgeschenke, um sie zum Weiterspielen zu veranlassen.