Italien: Einführung umstrittener Kassenzettel-Lotterie geplant

Posted on: 10/06/2019, 12:18h. 

Last updated on: 10/06/2019, 12:58h.

Ab Januar 2020 wird Italien eine Kassenzettel-Lotterie einführen, an der jeder Kunde teilnehmen kann, der sich eine Quittung ausstellen l?sst. Damit will der Staat der Steuerhinterziehung den Kampf ansagen.

Kassenbon, Geldscheine
Italien will ab 2020 mit der Kassenzettel-Lotterie gegen die Schattenwirtschaft ank?mpfen. (Bild: Flickr)

Ab dem ersten 01.01.2020 sollen Kunden in Italien mit der Kassenbon-Lotterie (?Lotteria degle Scontrini“) dazu animiert werden, sich einen Kassenzettel ausstellen zu lassen. Um bei der Lotterie mitzumachen, müssen die Verbraucher nichts weiter tun, als dem jeweiligen Unternehmer ihre Steuernummer mitzuteilen.

Mitmachen kann jeder Vollj?hrige, der Eink?ufe ab einem Wert von einem Euro get?tigt hat, also bereits mit dem Kauf eines Kaffees. Pro 10 Cent soll ein Lotterielos ausgestellt werden. Für einen Einkaufswert von einem Euro g?be es somit bereits zehn Lotterie-Lose. Monatlich sind Preise bis zu 10.000 Euro vorgesehen, j?hrlich soll es eine Schlussziehung mit Gewinnen bis zu 1 Mio. Euro geben.

Die Landtagsabgeordnete Myriam Atz Tammerle warnte gestern in einer Erkl?rung der Partei Süd-Tiroler Freiheit vor den Folgen der Kassenzettel-Lotterie für Unternehmer:

?Für Unternehmer bringt diese Lotterie einen erneuten Mehraufwand mit sich, da viele Kunden sich es nicht entgehen lassen werden, ihren Kassenzettel mit ihrer pers?nlichen Steuernummer versehen zu lassen, um am Gewinnspiel teilzunehmen.“

Das Magazin Startmag [Seite auf Italienisch] berichtet zudem, dass die Lotterie die n?tige technische Ausstattung fordere. Da es sich nicht um klassische Lose in Papierform, sondern um digitale Lose handeln soll, die telematisch an die Datenbank des Finanzministeriums übermittelt werden, seien spezielle Registrierkassen n?tig.

Verbraucher geben privates Einkaufsverhalten preis
Ein Kritikpunkt an der Kassenzettel-Lotterie ist, dass der Verbraucher zum ‘gl?sernen Menschen’ wird. (Bild: Pixabay)

Diese müssten von den Unternehmern erworben werden und verursachten somit zus?tzliche Kosten. Teilnahmeberechtigt sollen allerdings auch jene Verbraucher sein, die sich von Unternehmen ohne Registrierkasse eine Quittung ausstellen lassen.

Ausgeschlossen dagegen sind Zahlungen, für die sogenannte Steuerabsetzbetr?ge beansprucht werden k?nnen, also Betr?ge, die dem Steuerpflichtigen gutgeschrieben werden k?nnen. Dies ist beispielsweise beim Kauf von Pharmazeutika in Apotheken der Fall.

Der Verbraucher als ?gl?serner Mensch“

Ein weiterer Kritikpunkt, den die Landtagsabgeordnete Atz Tammerle anführt, ist der Verbraucherschutz:

?Jeder Einzelne wird zum ?gl?sernen Menschen‘, weil sich Gewohnheiten im Alltag bis ins kleinste Detail nachverfolgen lassen. Mit diesen Daten, die der Staat eventuell teuer weiterverkauft, k?nnen gezielte Werbeprofile erstellt werden. Es ist dies ein Gewinnspiel, bei dem nur der Staat gewinnt. Kunden und Unternehmer k?nnen nur verlieren, denn sie verlieren ihre Privatsph?re und werden mit unn?tiger Bürokratie bestraft.“

Atz Tammerle kritisiert weiterhin, dass es für bargeldlose Zahlungen zus?tzliche Boni geben soll. Damit werde der Konsument dazu angehalten, noch mehr von seinem privaten Kaufverhalten preiszugeben. Geplant sei, dass bei bargeldlosen Zahlungen 20 Prozent mehr Lose als bei Barzahlungen ausgegeben werden.

Vorbilder in anderen L?ndern

Der italienische Staat ist keineswegs der erste, der mit einer derartigen Lotterie gegen Steuerhinterziehung vorgehen m?chte. So beschloss die Regierung in Portugal 2014, unter den Bürgern, die sich einen Kassenbon ausstellen und hierbei ihre Steueridentifikationsnummer registrieren lassen, w?chentliche Verlosungen durchzuführen.

Auch Tschechien geht mit einer Kassenbon-Lotterie gegen die Schattenwirtschaft vor. Hier wurde die Kassenzettel-Lotterie im Oktober 2017 eingeführt. Für diese k?nnen sich die Bürger mit einem Zahlencode registrieren, der auf den Quittungen zu finden ist. Anhand der an sie übermittelten Zahlencodes k?nnen die Finanzbeh?rden nachvollziehen, ob der Kassenbeleg ordnungsgem?? ausgestellt wurde und ob der entsprechende Umsatz tats?chlich an das Finanzamt gemeldet wurde.

Wie Medien im Oktober 2018 berichteten, nahmen im ersten Jahr 832.000 Menschen in Tschechien an der Kassenbon-Lotterie teil und übermittelten hierbei rund 193 Millionen Kassenbons an die Finanzbeh?rden. Allein an der September-Verlosung des Jahres 2018 hatten 357.000 Menschen teilgenommen.

Kritiklos erfolgte die Einführung der Kassenbon-Lotterie allerdings auch in Tschechien nicht. Oppositionspolitiker sprachen hier von einer überm??igen Kontrolle durch den Staat und von Bespitzelung. So merkte der Top-09-Politiker Franti?ek Laudát an:

?Jeder, der sich zur Lotterie anmeldet, sollte sich einer Sache bewusst sein: Er hinterl?sst einen weiteren elektronischen Fu?abdruck mit vielen Daten.“

Wie effektiv sich mit der Kassenbon-Lotterie gegen die Schattenwirtschaft vorgehen l?sst, ist noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass Kunden damit sicher motiviert werden, sich Kassenzettel ausstellen zu lassen und es Unternehmen damit erschwert wird, die Ausstellung derselben und damit die Versteuerung zu vermeiden.