FIFA Lootboxen und Lionel Messi: Englische Kinder plündern Bankkonto der Eltern

Posted on: 10/07/2019, 12:19h. 

Last updated on: 10/07/2019, 12:30h.

Lootbox-K?ufe im Spiel FIFA Ultimate Team kosteten die britische Familie Carter binnen drei Wochen über 550 GBP. Um sich ein fiktives Team aus ihren Lieblingsfu?ballern zusammenzustellen, hatten die vier Carter-Kinder, die sich alle im Grundschulalter befinden, unbemerkt das Konto ihres Vaters geplündert. Nur das eigentliche Objekt der Begierde, Superstar Lionel Messi, befand sich in keinem der gekauften Spielerpakete.

Lionel Messi und Christiano Ronaldo auf Fu?ballfeld
Wenn FIFA Lootboxen Glücksspiel sind, sind sie der Jackpot: Lionel Messi und Christiano Ronaldo (Quelle:flickr.com/Too V-i, licensed under CC BY 2.0)

Pl?tzlich pleite

 

Im Gespr?ch mit der BBC erz?hlt Familienvater Thomas Carter aus dem englischen Hampshire, wie sein Familienleben aufgrund von Lootboxen im Spiel FIFA Ultimate Team einen heftigen Einbruch erlebte.

Er erlebte eine b?se überraschung erlebt, als seine Bankkarte bei einem Einkauf mangels Deckung abgelehnt wurde.

Ein Blick auf die Kontoauszüge zeigte, warum das Konto leer war:

über drei Wochen waren diverse Lastschriften zugunsten von Spieleanbieter Nintendo eingel?st worden. Die Zahlungen zwischen 12 und 32 GBP summierten sich auf einen Betrag von knapp 550 GBP, umgerechnet rund 612 Euro.

Zustande gekommen war der Fehlbetrag durch Eink?ufe seiner vier Kinder über die Nintendo-Konsole Switch. Um sich im Ultimate Team-Modus des Spiels FIFA ihre Traummannschaft zusammenzustellen, hatten die Carter-Spr?sslinge regelm??ig in Spielerpakete investiert. Oft mehrmals pro Tag.

 

Sind FIFA Lootboxen Glücksspiel?

 

Zwei junge Gamer Spielen FIFA auf Messe
Auch unter sehr jungen Spielern ist der Fu?ballklassiker FIFA beliebt (Quelle:flickr.com/Marco Verch, licensed under CC BY 2.0)

Bereits seit langem stehen die als Lootboxen bekanntgewordenen In-Game-K?ufe diverser Spiele in der Kritik.

Anstatt über lange Zeit mühsam virtuelles Guthaben erspielen zu müssen, um das eigene Spiel mit interessanten Funktionen ausstatten zu k?nnen, haben Gamer immer ?fter die M?glichkeit, diese mit Echtgeldtransaktionen freizuschalten.

Das Problem: Oft verbergen sich die zus?tzlichen Features in für den Spieler nicht einsehbaren Paketen.

So erging es auch den Carter-Kindern. Welche Fu?baller genau sie für ihr FIFA-Team kauften, blieb im Dunkeln, bis die Transaktionen vollzogen waren. Kritiker halten dieses Modell für Glücksspiel.

Insbesondere der Einsatz von Lootboxen in Games, die auch oder in erster Linie von Minderj?hrigen gespielt werden, ruft Spielerschützer auf den Plan.

Sie sehen die Gefahr, dass Kinder mit den Echtgeldk?ufen an die Spielsucht herangeführt werden.

 

Alles für Messi

 

Besonders ungünstig für die Kinder und somit den Kontostand von Carter Senior: Keines der gekauften Spielerpakete enthielt das eigentliche Objekt der Begierde, Fu?ball-Ass Lionel Messi.

Stattdessen fühlten sich die jungen Carters, die alle unter zehn Jahren alt sind, motiviert, immer weiter in das Spiel zu investieren.

Sowohl belgische als auch niederl?ndische Beh?rden klassifizieren Lootboxen in Games offiziell als Glücksspiel. In beiden L?ndern ist es Anbietern verboten, diese Form der In-Game K?ufe in ihren Spielen zur Verfügung zu stellen.

Gro?britannien hingegen hadert mit der Einordnung, der ?Schatzkisten“. Diverse Abgeordnete des Parlaments folgen der Einsch?tzung von Spielerschützern und s?hen Lootboxen am liebsten als illegales Glücksspiel verboten.

Die britische Ministerin für Digital- und Kreativindustrie, Margot James, hingegen fordert Beweise, dass Lootboxen tats?chlich zu problematischem Spielverhalten beitragen k?nnten. Vorher k?nne es keine regulatorischen Eingriffe geben.

In Deutschland scheint das Thema Lootboxen bislang nicht auf der Tagesordnung zu stehen.

Vater übernimmt Mitverantwortung

 

Familienvater Thomas Carter r?umt eine Mitschuld an der Misere ein. Er selbst kaufte den Kindern ein erstes Spielerpaket für rund acht GBP und bemerkte nicht, dass seine Handgriffe mit Argusaugen beobachtet wurden. Die Kinder pr?gten sich die Schritte ihres Vaters ein, um sie sp?ter nachvollziehen zu k?nnen.

Zudem, so Carter, habe er es vers?umt, Einstellungen im Nintendo-Account der Familie vorzunehmen, die die Aktivit?ten der Kinder h?tten einschr?nken k?nnen.

Dass die Zahlungen so lange unbemerkt geblieben waren, habe daran gelegen, dass die hinterlegte Email-Adresse veraltet gewesen war. Andernfalls h?tten ihm die zugesandten Zahlungsbest?tigungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt auffallen k?nnen.

Nichtsdestotrotz, so findet der Familienvater, sei das gesamte Lootbox-Prinzip, ethisch nicht vertretbar:

Man zahlt 40 GBP für das Spiel, was an sich schon eine Menge Geld ist, aber die einzige Art, ein tolles Team zusammenzustellen, besteht im Grunde genommen aus einem Glücksspiel. Sie (die Kinder, Anm. d. Verf.) haben 550 GBP ausgegeben und haben trotzdem noch nicht ihren Lieblingsspieler Lionel Messi erhalten.

Kulanz und Konfiszierung

 

Mittlerweile hat Nintendo aus Kulanz zugestimmt, die gezahlten Betr?ge vollst?ndig zu erstatten. Im Gegenzug wurden die gekauften Spieler aus dem Account der Familie gel?scht. Dies wiederum dürfte vorerst kein Problem darstellen:

Vater Thomas zufolge ist die Switch-Konsole der Carter-Kinder auf unbestimmte Zeit konfisziert.

F?lle wie dieser zeigen deutlich, warum die Kontroverse um den Einsatz von Lootboxen andauert. Insbesondere Kinder, aber auch vollj?hrige Spieler sind in einer zunehmend vernetzten Welt diversen Risiken ausgesetzt, die oft nur schwer einzusch?tzen sind.

So k?nnen auch vermeintlich harmlose Spiele schnell zur Glücksspielfalle werden.