Glücksspiel in Deutschland: Letzte Lizenz für Anbieter von Online Casinos l?uft aus

Posted on: 05/02/2019, 02:33h. 

Last updated on: 05/02/2019, 02:33h.

Wenn morgen die letzte schleswig-holsteinische Lizenz für Online Casinos in Deutschland ausl?uft, liegt das Glücksspielmonopol wieder komplett beim Staat. Doch trotz mutma?lich klarer Gesetzeslage operieren zahllose Betreiber von Online Casinos mit europ?ischen Lizenzen weiterhin in Deutschland und bewerben ihr Angebot. Konsequenzen müssen sie selten fürchten.

Online Casinos Tastatur
Ab morgen gibt es keine gültigen Lizenzen für den Betrieb von Online Casinos in Schleswig-Holstein mehr (Quelle:flickr.com/BagoGames, licensed under CC BY 2.0)

Online Casinos und Buchmacher werben massiv für ihre Angebote. Ob im Fernsehen, auf Plakatw?nden in Innenst?dten oder als Sponsoren im Sport: Allerorten locken Glücksspielanbieter deutsche Spieler auf ihre Seiten. Dass es sich bei den Angeboten genaugenommen um illegales Glücksspiel handelt, ist vielen ihrer Kunden nicht bewusst.

Schleswig-Holstein: Letzte offizielle Lizenz erlischt

Bislang verfügten einige wenige Anbieter über Glücksspiellizenzen, die das Land Schleswig-Holstein in einem Sonderweg parallel zum in Deutschland geltenden Glücksspielstaatsvertrag vergeben hatte.

Diese liefen in den vergangenen Wochen, sieben Jahre nach Inkrafttreten, sukzessive aus. Am morgigen Mittwoch verliert die letzte von Schleswig-Holstein vergebene Konzession für ein Online Casino ihre Gültigkeit, Eindruck auf die Betreiber scheint dies allerdings nicht zu machen.

?Legale” Online Casinos?

Deutschlandkarte Schleswig-Holstein
Verl?ngert Schleswig-Holstein die Lizenzen für Online Casinos? (Quelle:TUBS, licensed under CC BY 3.0)

Als ?Das erste legale Online Casino“ bezeichnet sich ein Anbieter derzeit gro?fl?chig auf Plakaten in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel und betont den Betrieb seiner Seite unter der Aufsicht des Landes Schleswig-Holstein. Dass die Lizenz bereits vor sechs Wochen ausgelaufen ist, kommuniziert die Werbung nicht. Auf Nachfrage des NDR kommentiert der Glücksspielanbieter, man habe bereits eine Verl?ngerung beantragt.

Was genau dies bedeutet, bleibt im Dunkeln: Fakt ist, dass sich Schleswig-Holstein nach seinem Alleingang im Jahr 2012 dem Glücksspielstaatsvertrag wieder angeschlossen hat, die Vergabe weiterer oder Verl?ngerung ausgelaufener Lizenzen ist somit offiziell nicht vorgesehen.

Seither bemüht sich das Land, ebenso wie Hessen, im Bund um eine umfassende Liberalisierung und die damit einhergehende bessere Regulierung des Glücksspielmarktes in Deutschland. ?Von der Einführung einer erneuten Sonderregelung für Online Casinos, unabh?ngig vom Glücksspielstaatsvertrag der Ministerpr?sidentenkonferenz, ist bislang – zumindest ?ffentlich – nichts bekannt.

Anbieter von Online Casinos in Deutschland legen nach

Dennoch scheint es im n?rdlichsten Bundesland eine Art Gentlemen’s Agreement zwischen Glücksspielindustrie und Politik zu geben: Die meisten der vormals lizensierten Online Casinos sind nach wie vor aktiv und scheinen ihre Marketinginvestitionen eher zu erh?hen als zurückzufahren. Sorge aufgrund der fehlenden Konzessionen scheint sie nicht umzutreiben.

Dieser Trend ist allerdings nicht nur in Schleswig-Holstein auszumachen. So haben Anbieter von Online Glücksspiel und Sportwetten in den letzten Jahren unter anderem das Sponsoring im Profisport für sich entdeckt und investieren massiv in Fu?ballklubs und Co.

W?hrend die Vereine und Verb?nde sich über zahlungskr?ftige Unterstützung freuen k?nnen, erh?hen die Anbieter durch Pr?senz auf Banden und Trikots ihre Reichweite und schaffen gefühlt Tatsachen:

Wenn Erstligisten private Glücksspiel- und Wettanbieter seit Jahren als Premium-Partner vermarkten, so wird dem Zuschauer suggeriert, muss sich hier doch alles im gesetzlich geregelten Rahmen bewegen.

L?nder gegen Anbieter: Kampf gegen Windmühlen

Tats?chlich nutzen die Anbieter die mangelnde Handlungsf?higkeit der Aufsichtsbeh?rden, deren Umgang mit den Betreibern von nicht-lizensierten Online Casinos in Deutschland an einen Kampf gegen Windmühlen erinnert: Zwar scheint die Gesetzeslage klar, wer gegen sie verst??t, hat aber gemeinhin nicht mit Sanktionen zu rechnen. Dies liegt in erster Linie an zwei Umst?nden.

Zum einen leiden die für Online Casinos in Deutschland zust?ndigen staatlichen Stellen unter massivem Personalmangel, wie Benjamin Schwanke, Leiter der Glücksspiel-Aufsicht Hamburg, im Gespr?ch mit Reportern der Tagesschau unumwunden zugibt:

Die Erkenntnisse haben wir, aufgrund der Marktgr??e, dass die Ressourcen in allen L?ndern in den Aufsichten noch unzureichend sind und wir da auf jeden Fall sowohl bei den Sach-, wie Personalmitteln eine Aufstockung ben?tigen.

In Klartext: Es fehlt schlicht an Manpower, um die gesch?tzt 730 Online Casinos des unregulierten Glücksspielmarktes in Deutschland im Blick zu behalten und mit Sanktionen zu versehen.

Kr?ftemessen: Europa vs. Deutschland

Das zweite Problem im Umgang der L?nder mit den für den deutschen Markt nicht lizensierten Anbietern: Eine mutma?liche Rechtsunsicherheit, die die Betreiber offensiv vor sich hertragen. Nach Einsch?tzung etlicher Juristen schl?gt EU-Recht deutsches Recht, ergo habe der deutsche Glücksspielvertrag keine bindende Geltung. Der Europ?ische Gerichtshof betrachtet das gesetzlich geregelte staatliche Monopol auf Online Glücksspiel als unionsrechtswidrig und sieht die Dienstleistungsfreiheit europ?ischer Anbieter durch die deutschen Regelungen gef?hrdet.

Zwar erkl?rte das Bundesverwaltungsgericht die bestehenden Verbote für den Betrieb von Online Casinos in Deutschland für rechtens, Anbieter argumentieren aber nach wie vor mit den nach europ?ischen Standards vergebenen Lizenzen aus EU-Mitgliedsl?ndern wie Malta, Gibraltar oder Gro?britannien. Ihrer Meinung nach sind sie durch diese berechtigt, auf dem deutschen Markt zu operieren.

Werden Casinoseiten für deutsche Spieler geblockt?

Geoblocking Mann Laptop
Laut Medienberichten wird die M?glichkeit des Geoblockings geprüft (Quelle:flickr.com/Mike MacKenzie, licensed under CC BY 2.0)

Nach Medieninformationen der vergangenen Woche erarbeitet eine Arbeitsgruppe der Ministerpr?sidentenkonferenz derzeit einen neuen Plan zum Umgang mit nicht-lizensierten Anbietern von Glücksspiel in Deutschland. Neben der Einrichtung einer zentralen Glücksspielbeh?rde soll auch der Einsatz des sogenannten Blockings geprüft werden.

Bei diesem Geoblocking verweigert der lokale Internetanbieter Usern den Zugriff auf bestimmte Webinhalte. Allerdings legen aktuelle Studien (Link auf Englisch) nahe, dass dieses Vorgehen nur m??ig erfolgreich ist: Nutzer, die auf einer geblockten Seite darüber informiert werden, dass ihnen Inhalte aufgrund ihrer geographischen Position nicht zur Verfügung stehen, finden meist schnell Mittel und Wege, diese Hürde zu umgehen, Stichwort VPN.

übrig bleibt die Frage, inwieweit die Konzentration auf Verbotsma?nahmen im Glücksspielsektor die richtige Antwort auf die Herausforderungen einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt sein k?nnen. Experten gehen davon aus, dass ein gut regulierter Online-Glücksspielmarkt, wie man ihn in Gro?britannien geschaffen hat, sich positiv auf Aspekte wie den Spielerschutz auswirken kann.

Demgegenüber steht ein Komplettverbot nicht-staatlicher Anbieter: Einerseits werden nicht nur im europ?ischen Ausland akzeptierte Betreiber, sondern auch deutsche Spieler kriminalisiert. Andererseits werden Verst??e nur selten geahndet. Nach dem Auslaufen der letzten für den Betrieb in Deutschland vergebenen Lizenzen für Online Casinos bleibt es spannend.